577
worden war, und vertrieb die Jesuiten aus allen seinen Reichen der
alten und neuen Welt. Es wurden Anstalten zur Volkserziehung ge-
troffen und in den wenigen höheren Schulen, die unmittelbar unter der
Krone standen, der Unterricht und die Lehrweisen verbessert. Aber viele
Mißbräuche blieben dem König unerreichbar, und die Universitäten zeig-
ten keine Neigung zum Fortschritt. Die Geistesbildung wächst nur
langsam. Man fühlte im ganzen Lande die Einströmung eines neuen
Lebens, aber es war augenscheinlich, daß eine lange Zeit vergehen
mußte, ehe das neue Leben die Volksbildung erreichte und die schöne
Literatur dasselbe empfand. Es wurden verschiedene Versuche gemacht,
die spanische Literatur neu zu beleben. Von einer Seite wollte man
den Geschmack für die alte volksthümliche Dichtung Herstellen, während
Andere versuchten, alles auf den Leisten der französischen klassischen
Schule zu schlagen, eine dritte Richtung aber darauf hinauslief, jene
beiden Ansichten zu vereinigen und eine Schule zu bilden, deren Cha-
rakter von den beiden erstgedachten verschieden sei und sie übertreffe.
Diese dritte Schule war für die Kraft und den Reichthum der älteren
Schriftsteller nicht unempfindlich, sie suchte sich aber, die Auswüchse der
älteren Schule vermeidend, der in Europa verbreiteten strengeren Kritik
der französischen Schule anzubequemen.
Die wichtigste literarische Bewegung des 18. Jahrhunderts in Spa-
nien betraf die Bühne, die inan den französischen Regeln zu unterwer-
fen versuchte. Diese Versuche begannen schon zur Zeit Philipps V.,
nach Beendigung des Erbfolgekcieges. Diese Nachahmungen der fran-
zösischen Schule erwarben sich aber ebenso wenig Beifall, als die un-
regelmäßigen und oft gemeinen Stücke. Alles, was noch einige Beach-
tung verdiente, gehörte der Schule der alten Meister an, sowie ihren
schwachen Nachahmern.
Die spanische Bühne hatte jetzt ihren niedrigsten Stand erreicht und
war gänzlich in den Händen des Pöbels, der stets großen Einfluß auf
dieselbe geübt hat. Die dem Volke vorgeführten Schauspiele wurden
noch immer, wie im 17. Jahrhundert, in offenen Hofplätzen mit um-
herlaufenden Gallerien gegeben. Diese Gehöfte hatten keine Bedachung,
und beim Eintreten eines Regenschauers wurde Leinwand über dieselben
gezogen. Diese schützte aber so unvollkommen, daß man, wenn der
Regen anhielt, daß Schauspiel abbrechen und die Zuschauer nach Hause
schicken mußte. Die Zuschauer mußten während der ganzen Ausführung
stehen. Auf der Bühne war es schwer, Veränderungen der Scene vor-
zunehmen, und die Aufführungen fanden immer bei Tage statt. Elisabet
Farnese, die zweite Gemahlin Philipps V., an die Aufführungen italie-
nischer: Bühnen gewöhnt, war mit diesem Zustande nicht zufrieden. Sie
fand nur eine schlecht eingerichtete Bühne im Lustschloffe Buen Retiro,
aus welcher eine italienische Gesellschaft zuweilen Darstellungen gegeben
hatte; sie ließ dieselbe sehr verändern und vergrößern und auf derselben
Opern aufführen. Die beiden'volksbühnen der Hauptstadt richteten nun
auch bequeme Gebäude für das Schauspiel ein. Doch wurden die bei-
den Schauspielhäuser noch immer Hofplätze genannt, die Logen Stübchen;
die mittlere, der Bühne gegenüberstehende große Loge, die Schmorpfanne,
war für die Frauen bestimmt, welche dort wie Nonnen verschleiert saßen,
37
Die spanischen
Bühnenzu-
stände im 18.
Jahrhundert.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T91: [Geschichte Krieg Zeit Zeitalter Mittelalter Revolution Reformation deutsch Jahrhundert Ende], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast]]
Extrahierte Personennamen: Philipps_V. Philipps_V. Elisabet
Farnese Philipps_V. Philipps_V.
Extrahierte Ortsnamen: Europa Lustschloffe_Buen_Retiro
161
Ehre dieser Hofämter und ihrer Inhaber niemals ganz in den Hin-
tergrund getreten.
Die Stelle des späteren Truchsessen wird von dem Sene-
schalk eingenommen, der der Bedeutung des Wortes nach der äl-
teste Knecht ist und ursprünglich eine Aufsicht über das Gesinde
halte. Regelmäßig scheinen zwei dieses Amt inne gehabt zu haben,
die als angesehene Hofleute ohne bestimmte Bezeichnung ihrer Ge-
schäfte genannt werben. Der Marsch a lk oder Rosseknecht heißt
in dieser Zeit mit geehrterem Namen Stallgraf (comes stabuli),
und wird außerhalb der Sphäre seiner gewöhnlichen Thätigkeit auch
als Gesandter und als Anführer im Heere gebraucht. Wichtiger
war in dieser Zeit der Beamte, welcher die Aufsicht über das be-
wegliche Gut des Königs führte und welcher mit lateinischem Na-
men Thesaurarius, oder Cubicularius, später Camerarius hieß. Der
Schatz des Königs war seiner Obhut anvertraut, und damit ver-
band sich die Sorge für die Ordnung des Hofwesens überhaupt,
wahrscheinlich auch der Verkehr mit den fremden Gesandten, we-
gen der Geschenke, die diese überbrachten. Dieser Hofbeamte hatte
einen ziemlich bedeutenden Einstuß am Hofe. Zunächst war er an
die Königin gewiesen, die als ordnende Hausfrau selbst die Auf-
sicht über die Geschäfte führte. Für die persönlichen Dienstleistun-
gen bei der Person des Herrschers waren noch andere Kämme-
rer angestellt. Weniger bedeutend war in dieser Zeit das Amt des
Schenken, das vornehmen, aber jüngeren Leuten übertragen wurde
und das als ein Anfang auf der Laufbahn des Hofbienstes betrach-
tet werden kann. Untergeordnete Stellen waren die des Mapparius,
der dem König das Handtuch reichte, die des 8patarius, der ihm
das Schwert trug. Dann gab es am Hofe Aerzte, Sänger, zu
Zeiten ein geschickter Goldschmied und andere Leute zum persönli-
chen Vergnügen des Königs. Noch niedriger standen die Küchen-
meister, Thürsteher, Läufer und die Aufseher über einzelne Theile
des königlichen Gutes, über Ländereien, Forsten und dergleichen.
Jeder Oberhofbeamte hatte einen jüngeren Mann (Decanus) zu
seiner Unterstützung und Vertretung. So war durch die Hofbeam-
ten für die Umgebung und Berathung des Königs, für den Glanz
des Hofes, für den Empfang der Fremden und für eine freigebige
Gastlichkeit gesorgt. Jedem Hofamtc wurden auch Discipuli und
weiter abwärts Pueri zugetheilt, welche für den Dienst und auf
den dazu nöthigen Anstand eingeübt wurden. In der königlichen
Hofburg oder dem Palatium sollte auf Ordnung, Ruhe und gute
Sitten streng gehalten werden.
Neben den erwähnten Aemtern gab es noch andere, die von vor-
neherein oder doch in späterer Zeit noch unmittelbarer mit der Gewalt
des Königs als Herrn und Regenten des Landes in Zusammenhang
standen, und welche in verschiedener Weise einen sehr bedeutenden
Einfluß ausübten: die Aemter des Domesticus, des Majordomus, des
Comes Palatii, des Referendarius. Ihre Bedeutung hat im Laufe
der Zeit gewechselt. Am schwierigsten ist es die Stellung der Do-
mestici im fränkischen Reiche genau zu bestimmen. Die Domestici,
deren es immer mehrere giebt, nehmen einen wichtigen Platz am
11
Neichsb«amre.
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art]]
468
sten und Edlen. Manche Dichter hatten einen Knaben oder Jüng-
ling in ihren Diensten, Singerlein genannt, dem sie ihre Lieder
lehrten und zuweilen auch an die Geliebte absandten, damit er die-
ser im Namen des Dichters dessen Lieder vorsinge. Erst später,
als die schönste Zeit des Minnegesanges bereits vorüber war, sorgte
man für Aufzeichnung der von einzelnen Sängern erhaltenen Lie-
der, und brachte sie in große Liedersammlungen. Edle Knaben
lernten von ihren Erziehern, den Geistlichen oder Spielleuten, neben
anderen Dingen auch Musik und Gesang und wohl auch die Dicht-
kunst; daß aber ein Dichter jüngere Dichter schulmäßig unterrichtet
habe, ist nicht nachzuweisen. In ganz Deutschland ertönten die
Lieder, aber vorzugsweise war Schwaben der Sitz der höfischen
Poesie; die Höfe von Oestreich und Thüringen öffneten sich gast-
lich den Sängern und später auch die Höfe des dänischen und sla-
wischen Nordens und Nordostens. Die berühmtesten Dichter waren
Reinmar von Hagenau, später Reinmar der Alte genannt,
Walther von der Vogelweide, die bereits als epische Dichter
genannten Hartmann von Aue, Wolfram von Eschenbach,
Gottfried von Straßburg, ferner Ulrich von Lichtenstein
und Gottfried von Reifen.
Einige höfische Dichter ahmten auch die Lieder und Tänze nach,
mit welchen das Volk den Beginn des Sommers und Winters
feierte, sie schilderten das Bauernleben jener Zeit, die lustigen
Bauerntänze und die Prügel, mit denen fast jeder Bauerntanz
endigte. Es waren dieses Spottgedichte, zum Ergötzen der Hof-
leute gedichtet. Der Erfinder dieser Gattung ist der Ritter Neid-
hart, dessen Weise Steinmar und Johann Hadlaub nachge-
ahmt haben. Während diese Dichter einen Uebergang zum Volks-
mäßigen bilden, zeigt sich das Entschwinden des dichterischen Gei-
stes in der einseitigen Richtung von Reinmar von Zweier,
welcher fast nur Sprüche, als Rüge, Lob oder Klage auf das sitt-
liche, staatliche und kirchliche Leben Deutschlands gedichtet hat. Das
Streben nach einem lehrreichen Stoff zeigt den Verfall der Poesie.
Dichter bürgerlichen Standes, wie der Marner, Heinrich von
Meißen, genannt Frauenlob, und andere, treten an die Stelle der
ritterlichen Dichter; sie entlehnen die Gedanken früherer Dichter,
kramen eine wunderliche, spitzfindige Gelehrsamkeit aus, und trei-
den die Künstlichkeit der Form bis zur Spielerei. Dabei haben sie
eine hohe Meinung von dem Werthe ihrer Dichtungen und klagen
über die Verkennung der Mitwelt.
Ȇbung1unb Von der heiteren Dichtkunst wenden wir uns zu den ernsten
dik Umversi- Studien der Wissenschaft. Da es damals nur wenige Bücher gab
und auch die wenigen schwer zu haben waren, so konnte man nur
durch mündlichen Unterricht und durch die Vorlesungen, die man
aufschrieb, Bildung erlangen. Ein berühmter Lehrer wurde daher
der Mittelpunkt einer geistigen Bewegung, und die Schulen hatten
eine große Bedeutung für das Leben. Um Abälard (S. 347) sam-
melten sich Schüler aus allen Ländern Europa's, und der große Ein-
fluß, welchen dessen .geistreiche Ansichten auf die unglaubliche Anzahl
von Schülern ausübten, erhöhte und verbreitete den Eifer für philoso-
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache]]
TM Hauptwörter (200): [T172: [Dichter Zeit Gedicht Schiller Werk Goethe Maler Dichtung Lied Hans], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch]]
Extrahierte Personennamen: Oestreich Reinmar_von_Hagenau Reinmar_der_Alte Hartmann_von_Aue Wolfram_von_Eschenbach Gottfried_von_Straßburg Ulrich_von_Lichtenstein Gottfried Johann_Hadlaub Johann Reinmar_von_Zweier Heinrich_von
Meißen Heinrich
561
die Form eines Kampfes zwischen Sommer und Winter. Das Ein-
kleiden der beiden Vorkämpfer in Laub und Blumen, in Stroh und
Moos, ihre wahrscheinlich geführten Wechselreden, der zuschauende
begleitende Chor zeigen uns die ersten rohen Anfänge dramatischer
Kunst. Noch später gab es dramatische Vorstellungkn unter dem
Namen Osterspiele. Auch die Puppenspiele und die Streitgedichte,
in denen zwei objectiv gefaßte Personen meistens um den Vor-
rang stritten, können als Vorläufer des Drama's angesehen wer-
den. Wirkliche Dramen erhielt zuerst die Kirche und zwar in la-
teinischer Sprache; man nannte sie in Deutschland ludí, in Frank-
reich misteria (wahrscheinlich abgekürzt aus Ministerium, und dann
ist die gewöhnliche Schreibweise materia nicht richtig). Das deut-
sche Drama ist wie das indische und griechische aus dem religiösen
Kultus hervorgegangen, und der ursprüngliche Gegenstand der Dar-
stellung war das Leiden, der Tod und die Auferstehung des Stif-
ters unserer Religion, also das Leiden eines göttlichen Helden, wel-
cher eine neue Ordnung der Dinge hervorgerufen hat. In der
Passionszeit, am Charfreitag und Abends und Nachts vor dem Oster-
lage wurde die Geschichte des Leidens und Todes Christi nach der
Erzählung der Evangelien vorgelesen. Schon sehr früh wurden die
Reden der Apostel, des Herodes, des Pilatus, des Hohenpriesters,
des jüdischen Volkes u. s. w. an verschiedene Personen vertheilt.
An einzelnen Stellen wurden deutsche Gesangstücke eingeschoben.
Auch scheint der Vortrag im Allgemeinen gesangartig gewesen zu sein.
Bald kam, und zwar schon im 12ten Jahrhundert ein Kostüm der
handelnden Personen hinzu, und ohne Zweifel mit dem Kostüme auch
zugleich die Handlung. Die Sprache war in den Hauptstücken die
lateinische, der Ort der Aufführung die Kirche. Abkürzungen, Ver-
fifikationen und Erweiterungen des Textes fanden statt, doch hielt
man sich so streng wie möglich an die Bibelworte. Später wur-
den auch andere Erzählungen der neu- und alttestamentlichen Ge-
schichte und der Legende zu ähnlichen Vorträgen an anderen Festtagen
angewendet, deutsche Zwischenspiele eingeschoben und endlich die gan-
zen Stücke deutsch bearbeitet.
So verehrungswürdig und heilig auch die Stoffe dieser dra-
matischen Darstellungen waren, so verband sich doch sehr bald mit
dem tragischen Stoffe ein komisches Element. Dieses wurde ver-
treten theils durch den gewinnsüchtigen Judas, theils durch den
Kaufmann, bei dem die nach dem Grabe Christi gehenden Weiber
ihre Spezereien kauften, und welcher in dem Kostüm und in der
Haltung eines landfahrenden, aufschneidenden Krämers, eines Quack-
salbers und Marktschreiers auftrat. Judas hadert mit Kaiphas um
die dreißig Silberlinge, die ihm Kaiphas in schlechter Münze aus-
zahlt; der Kaufmann zankt und prügelt sich mit seinem Weibe. Am
weitesten geht die Ausgelassenheit in dem Spiel „Bapst Jutta oder
ein schön Spiel von Frau Jütten", das 1480 von einem Geistli-
chen Theodorich Schernberg, verfaßt wurde. Dieser Profana-
tion kirchlicher und heiliger Dinge konnte die Kirche nicht mit Still-
schweigen zusehen, und es wurde die Aufführung der Schauspiele
in der Kirche untersagt. Demohngachtet erhielten sich die Schau-
spiele, nur daß sie aus der Kirche in das Freie verlegt und hier-
36
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche]]
TM Hauptwörter (200): [T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T167: [Fest Tag Kirche Jerusalem Spiel Stadt Hofer Volk Jahr Zeit], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
563
mit welcher eine Gesellschaft bei der Thronbesteigung Karls Vi. (1380)
die Leidensgeschichte Christi darstellte, bewirkte, daß ihr der König
1402 ein Privilegium ertheilte. Und nun ergötzte die Confrairie de
la passion in einem Klostergebäude die Pariser durch ihre Darstel-
lungen, welche meistens aus der heiligen Schrift und den Ueberliefe-
rungen der Kirche geschöpft waren. Das berühmteste dieser Stücke
war das 6rand Mystère, dessen Verfasser der Bischof Jean Michel
war. Es besteht aus drei Theilen: la Conception, la Passion und
l’Ascension und zerfällt in 174 Akte, die wenigstens 400 Spieler
verlangten. — Eine Genossenschaft von pariser Advokaten (les clercs
de la Bazoche) wollte ebenfalls Mysterien aufführen; da dieses aber
der Erzbischof untersagte, so kürzte sie die Mysterien ab und nannte
sie Moralitäten. Bald stellte diese Gesellschaft auch Allegorien
und komische Stoffe dar. Gringore, ein Dichter des 15. Jahr-
hunderts, brachte in einem langen Drama die Geschichte des heiligen
Ludwig auf die Bühne. — Eine dritte Gesellschaft, Kakaus sans
Boncy, junge Leute aus den besten Familien von Paris, suchte den
Ernst der Mysterien durch burlesk-komische Zwischenspiele zu mildern.
— Neben vielen Cbronikenschreibern und Verfassern von Memoiren
hat Frankreich in dieser Zeit auch zwei bedeutende Geschichtschreiber,
Froissard (1337 — 1401) und Comines (1445— 1509).
In England bewirkten die erbitterten Kämpfe mit Frankreich,
daß unter Eduard 1ii. (1327—1377) der öffentliche Gebrauch der fran-
zösischen Sprache (S. 350) abgeschafft und die aus germanischen und
romanischen Elementen gebildete Volkssprache zur Hof- und Geschäfts-
sprache erhoben wurde. Auch England hatte Ritteromane, deren Stoffe
dieselben wie die der altfranzösischen Heldengedichte (S. 400) waren,
und deren Sänger, Minstrels, mit den französischen Trouvères
verglichen werden können. Diese älteren Rittergedichte waren in
altfranzösischer Sprache geschrieben. Der erste englische Dichter, der
sich der Volkssprache bediente, war Geoffrey Chaueer (1328 —
1405). Er wird von den englischen Kritikern sehr gerühmt und der
Vater der englischen Poesie genannt; doch war er mehr Uebersetzer
und Nachahmer italienischer und französischer Poesie. Selbst sein
gepriesenstes Werk, die gereimten Erzählungen von Canterbury, sind
eine Nachahmung von Boeeaeeio's Deeamerone. Der Anfang der
dramatischen Poesie wurde auch in England im 12. Jahrhundert
mit der Darstellung biblischer Stoffe in der Kirche gemacht. Bald
wurden solche Darstellungen auch bei den Hochzeiten vornehmer
Herrn üblich. Die Aufführung wurde aus der Kirche auf öffentliche
Plätze verlegt und es widmeten sich bestimmte Leute der Schauspiel-
kunst. — Auch Schottland erhielt durch John Barbour (1320
—1390) ein nationales Epos, in welchem die Thaten von Robert
Bruce besungen wurden.
Die spanische Sprache bildete sich seit dem 12. Jahrhundert
zu einer eigenthümlichen romanischen Sprache aus, in welcher man
den catalonischen, galicischen und castilianischen Dialekt unterscheidet.
Die spanische Sprache und Dichtung haben sich inmitten des zerstö-
renden Kampfes mit den Mauren entwickelt. Das älteste und zu-
gleich ein höchst ausgezeichnetes Gedicht ist das Heldengedicht vom Cid.
Auf die spanische Poesie haben die provenzalische, die französische
36*
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache]]
TM Hauptwörter (200): [T172: [Dichter Zeit Gedicht Schiller Werk Goethe Maler Dichtung Lied Hans], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T16: [König Heinrich Karl Frankreich Neapel Sohn England Philipp Herzog Bruder], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art]]
Extrahierte Personennamen: Karls Christi Jean_Michel Ludwig Ludwig Boncy Ernst Eduard_1ii Eduard Geoffrey_Chaueer Canterbury John_Barbour Robert
Bruce
Extrahierte Ortsnamen: Karls Kakaus Paris Frankreich England Frankreich England England Schottland
288
Verschieden-
heit der aeo-
lischcn und
'dorischen
Lyrik.
ein und versah poetische Stücke mit musikalischen Noten. Daher
halte man von ihm noch in späterer Zeit Tonstücke für Gesang und
Kitharspiel. Die rhythmische Form der Kompositionen des Terpan-
der war noch sehr einfach.
Für den Schöpfer der schönen hellenischen Musik erklärt Plu-
tarch beu phrygischcn Musiker Olympos, welcher lange in Grie-
chenland lebte, vhngefähr 060 — 620 vor Chr. Durch Olympos
erhielt die Flöte eine der Kithara ebenbürtige Stellung in der
Musik der Griechen, und dadurch gewann die Musik eine größere
Freiheit. Die strengeren Richter der musikalischen Leistungen im
Alterthum waren der Flöte abgeneigt, weil diese durch ihre Viel-
tönigkeit den Virtuosen zu einem üppigen, zügellosen Spiel mit
Tönen verführe. In seinen rhythmischen Formen zeigte Olympos
einen erfinderischen Reichthum, besonders in solchen, welche für
das Gefühl der Griechen schwärmerische Begeisterung und leiden-
schaftliche Bewegung ausdrückten. Olympos war nur Musiker, nicht
auch Dichter, wie Terpander, und wird von den Griechen nur ein
Flötenbläser genannt.
Ein dritter, Epoche machender Musiker war Thaletas aus Kreta,
welcher um 620 vor Chr. lebte. Er wurde zur Zeit seines Ruh-
mes nach Sparta gerufen, um die durch innere Unruhen zerrüttete
Stadt zum Frieden und zur heiteren Ruhe zurückzuführen, und das
soll ihm vollkommen gelungen sein. Mit anderen Musikern vervoll-
kommnete er die von Terpander eingerichtete Musikordnung zu Sparta
und gab ihr eine neue feste Gestalt. Thaletas dichtete und kompo-
nirte Päan'e und Hyporcheme. Die für den Dienst des Apollo be-
stimmten Päane drückten eine gelassene und ernste Stimmung aus;
das Hyporchem dagegen ahmte durch Rhythmus und Gesten des
Tanzes mythische Handlungen nach, hatte einen mannigfaltigen und
beweglichen Charakter und streifte bisweilen in das Muthwillige und
Komische hinüber. Für hvporchematische Vorstellungen war Sparta
der rechte Boden, da daselbst der Tanz von Jünglingen und Jung-
frauen und selbst älterer Leute mit Leidenschaft geübt wurde.
So unvollkommen auch die Musik der älteren Griechen in der
Anwendung der Jnstrumeritalmusik und der harmonischen Verbin-
dung verschiedener Stimmen und Instrumente uns erscheinen mag;
so löste sie gewiß die Aufgabe, die Stimmungen und Empfindun-
gen des Gemüths auf eine ergreifende Weise auszudrücken. Die
Musik an diese Aufgabe zu binden, daß die Melodie als die Seele
darin herrsche und selbst wieder von einer edlen Richtung des Ge-
müths beherrscht werde, war das Streben der großen Dichter, Phi-
losophen und Staatsmänner, welche sich um Volksbildung und Ju-
genderziehung kümmerten, und es erfüllte sie eine wahre Furcht vor
dem Umsichgreifen einer luxuriirenden Instrumental-Musik und vor
einem zügellosen und lauuenvollen Spielen in dem schrankenlosen
Reiche der Töne.
Die lyrische Poesie der Griechen theilt sich in zwei verschiedene
Gattungen, die äolische, welche bei den Aeolern Kleinasiens, ins-
besondere auf der Insel Lesbos blühte, und die dorische, welche zu-
erst bei den Doriern im Peloponnes und Sicilien ausgebildet wurde.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T2: [Athen Stadt Sparta Griechenland Insel Krieg Korinth Peloponnes Theben Staat]]
TM Hauptwörter (200): [T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T108: [Stadt Korinth Griechenland Peloponnes Insel Landschaft Name Athen Sparta Argos], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
399
Vorgang ausgesprochen zu haben. Der Chor betrachtete sich dabei
als eine zu dein Gotte gehörende Schaar und erhielt dadurch von
selbst die Nolle der Satyrn, welche nicht nur bei lustigen Abenteuern,
sondern auch bei allerlei Kämpfen und traurigen Schicksalen die Be-
gleiter des Dionysos und deshalb ebenso geeignet waren Furcht und
Schrecken, als auch Lust und Behagen auszudrücken. Tie älteste
Tragödie hatte den Charakter eines Satyrspiels. Der lesbische
Sänger Arion (siehe S. 290) soll das-Lied aus den Dionysos, das
früher ohne strenge Ordnung von den trunkenen Genossen gesungen
wurde, zum tragischen Chore geordnet, als Borsäuger den Dithy-
rambus geleitet und die Satyrn in diese Dichtungsgattung eingeführt
haben. Den Namen der Tragodia oder des Tragos- Gesanges lei-
tete man schon im Alterthum davon her, daß die Sänger als Sa-
tyrn Aehnlichkeit mit Böcken gehabt hätten; wahrscheinlich ist aber
das Wort von dem Festopfer abzuleiten, das aus einem Bocke, dem
Verwüster des Weinstocks, bestand und auf dem Altare brannte,
während der Chor um denselben herumzog und> seine Lieder sang.
Die Erfindung dieser tragischen Chöre wirb den Doriern zugeschrie-
den; aber auch in Athen wurden im Bacchusheiligthum Lenäon an
dem Feste der Lenäen tragische Dithyramben aufgeführt.
Ein Drama wurde die Tragödie erst in der Zeit des Pisistratus
durch Thespis, welcher mit dem Chore eine Mittheilung in metri-
scher Rede verband und zu diesem Zwecke dem Chore den ersten
Schauspieler hinzufügte. Dieser eine Schauspieler spielte in dem-
selben Stücke hinter einander verschiedene Rollen, wobei die linne-
nen Masken von großem Nutzen waren, und dem Schauspieler stand
der Chor gegenüber und führte mit ihm durch seinen Führer das
Gespräch. Die Reden waren gegen die Chorgesänge noch kurz,
und die Tänze und Gesänge des Chors noch die Hauptsache. Auch
bei Phrynichus, welcher seit 512 v. Chr. auf der attischem Bühne
in hohem Ansehen stand, herrschte das lyrische Element noch über
das dramatische. Auch Phrynichus hatte anfangs nur einen Schau-
spieler; er brachte auch weibliche Rollen auf die Bühne, welche je-
doch von Männern gespielt wurden. Er theilte den Chor in ver-
schiedene Abtheilungen mit verschiedenen Rollen; in den Phönissen
stellte ein Theil des Chors phönicische Jungfrauen, ein anderer
vornehme Perser vor. Auch nahm Phrynichus nicht bloß mythische
Gegenstände, sondern auch Begebenheiten aus der Zeitgeschichte, wie
die Eroberung von Milet, zum Stoff seiner Tragödien. Die Tra-
gödie ging immer mehr von den Gegenständen aus dem Kreise des
Dionysos auf heroische Mythen über; die barocke Manier des bacchi-
schen Spiels wich einer würdevolleren und ernsteren Behandlung,
bei welcher der Chor der Satyrn nicht mehr an seiner Stelle war.
Es wurde aber das Satyrspiel neben der Tragödie ausgebildet und
mit derselben so in Verbindung gesetzt, daß in der Regel drei Tra-
gödien mit einem Satyrspiel znm Schluffe als ein Ganzes aufge-
führt wurden. Dieses Satyrspiel ist keineswegs eine Komödie, son-
dern gleichsam eine scherzende Tragödie; sie nahm ihre Stoffe, wie
die Tragödie, aus dem Mythenkreise des Bacchus und der Heroen,
spielte diese aber so ins Derbnatürliche hinüber, daß dabei die An-
wesenheit und Theilnahme muthwilliger Satyrn ganz passend erschien.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T172: [Dichter Zeit Gedicht Schiller Werk Goethe Maler Dichtung Lied Hans], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T120: [Gott Göttin Zeus Tempel Sohn Gottheit Priester Erde Mensch Opfer], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
I
135
und kostbar. Wir finden Geräthe von so schönen Formen, daß ein
mit dem Luxus Hand in Hand gehender feiner Geschmack sich deut-
lich zeigt. Man liebte Erheiterungen und Ergötzlichkeiten verschie-
dener Art, Würfel, Bret- und Ballspiel, auch Stiergefechte.kommen
vor. Mehrfach sind häusliche Feste, Gastmähler und Gesellschaften
dargestellt, bei denen Alles auf Ueppigkeit deutet; die Gäste wur-
den von Sklaven gesalbt und bekränzt. Auch die Frauen nahmen
daran Theil. Man beschränkte sich bei den Gastmählern nicht auf
die Tafelfreuden, sondern man ließ durch Musiker, Sänger und
Sängerinnen, Tänzer und Tänzerinnen die Gäste erheitern. Hero-
dot erzählt, daß man bei den Gastmählern der Reichen ein höl-
zernes Todtenbild umhergereicht und jedem Gaste mit den Worten
gezeigt habe: „trinke und sei fröhlich, denn wenn du gestorben bist,
wirst du sein wie dieses."
Die Lebensweise der geringeren Leute war sehr einfach, die Die «edcns
Nahrung bestand aus Brod von Moorhirse, anderen Getreidearten lvut'
und dem Samen des Lotus, aus Fleisch, Obst und Küchengewächsen.
Schweinefleisch war verboten. Die Vornehmen tranken vielen Wein;
auch hatte man ein aus Gerste bereitetes Bier, das gewöhnliche
Getränk war aber das ausgezeichnet schöne, gesunde Nilwasser. Die
Vielweiberei war, mit Ausnahme der Priester, erlaubt, kam aber
selten vor. Die Frauen erschienen mit den Männern in Gesellschaft
und hatten eine freiere Stellung als im übrigen Orient. Die Er-
ziehung der Kinder war sehr einfach und wohlfeil; sie gingen fast
nackt, und die geringen Kosten eines Haushaltes wirkten günstig
auf die Bevölkerung. Niemand lernte mehr als das für seine Kaste
Erforderliche; Leibesübungen, wie die der Griechen, erschienen den
Aegyptern verwerflich. Sowie das Land durch seine besondere Be-
schaffenheit sich auszeichnete, ebenso unterschieden sich die Aegypter
in vielen Dingen von anderen Völkern. So trieben z. B. die
Weiber oft Handlung und Wirthschaft, während die Männer zu
Hause saßen und webten.
Die Aegypter gelten im Alterthume für ein in heilige Dinge Rciigw».
und Gebräuche besonders "ingeweihtes und ihrer kundiges Volk, ihre
Religion stand mit ihrem ganzen Wissen, mit allen bedeutsamen Er-
scheinungen des Lebens und mit der Beschaffenheit des Landes im
genauesten Zusammenhange. Die ägyptische Mythologie ist ihren
Grundlagen nach sehr dunkel; das Volk selbst hat sie der Nachwelt
nur in Bildern und Zeichen überliefert; in griechischen Schriftstel-
lern haben wir nähere Berichte, aber weder zuverlässige noch über-
einstimmende. Den Griechen war die ägyptische Religion besonders
deshalb wichtig, weil sie seit Hcrodot in derselben den Ursprung
ihrer eigenen zu finden glaubten. Wenn aber schon die griechischen
Beobachter über unvereinbare Widersprüche in der ägyptischen Göt-
terlehre klagen, so können wir uns nicht wundern, wenn von Neue-
rern Forschern die abweichendsten und verschiedensten Ansichten über
die ägyptische Mythologie aufgestellt worden sind. Man hat in der-
selben bald geschichtliche Thatsachen , bald philosophische, physikalische
und astronomische Lehren; ja selbst nur eine sinnbildliche Darstcl-
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T137: [Wein Obst Weizen Kartoffel Frucht Getreide Gerste Hafer Mais Flachs]]
330
nicht die ^Ansprüche des Volkes einzuschränken und steigerte durch
seine Freigebigkeit die Anforderungen der Menge an die Person
seiner Führer; Ephialtes endlich und Perikles beseitigten durch Be-
schränkung des Areopag die letzte Stütze der Aristokratie und ge-
währten dem Volke die unumschränkte Freiheit, wodurch es, wie die
Komödiendichter sich ausdrücken, so unbändig wurde, daß es wie
ein wildes Pferd keinem Zügel mehr gehorchen wollte. Nach Ci-
mvns Tode stand Perikles zwanzig Jahre allein an der Spitze des
Staates und er verstand es die Elemente in Schranken zu halten,
zu deren Aufregung er beigetragen hatte. Sehen wir in dieser
Zeit die Verfassung Athens zur unumschränkten Demokratie ausge-
bildet, so müßen wir doch bedenken, daß diese Demokratie nur die
Bürger umfaßte. Der Schein demokratischer Gleichstellung ver-
schwindet, wenn man nur an die Metöken denkt; die gerühmte Frei-
heit erscheint aber als eine unnatürliche Aristokratie, wenn man sich
erinnert, daß von den ohngefähr 500,000 Bewohnern Attika's
365,000 und noch mehr das drückende Joch der Sklaverei trugen.
Pcrikics. Perikles war der Sohn des L'anthippus, welcher in der Schlacht
bei Mykale die athenischen Schiffe befehligt hatte, und stammte
durch seine Mutter Agariste, die Nichte des Klisthenes, von dem
alten angesehenen Geschlechte der Alkmäoniden ab. Er war durch
- körperliche Vorzüge nicht minder als durch geistige Anlagen ausge-
zeichnet. Sein Aussehen so wie seine Stimme und Redeweise er-
innerten stark an Pisistratus, so daß er anfangs schon dadurch, zu-
mal bei seinem Reichthum und seiner vornehmen Geburt, die De-
mokraten Athens gegen sich einnahm und deshalb auch in seiner
Jugend sich nicht den Staatsgeschäften, sondern dem Kriege widmete
und in diesem sich als tapferer Mann auszeichnete. Später jedoch
wandte er sich ganz den Staatsgeschäften zu, und man sah ihn nur
auf dem Wege nach dem Markte und dem Rathhause; er schlug
jede Einladung zu Gastmählern aus und entsagte allen solchen hei-
teren Zusammenkünften. Seine hohen Geistesgabcn waren durch
die beste Erziehung ausgebildet, und das Zusammenwirken derzcit-
umstände und der Umgang mit den begabtesten Männern vollende-
ten seine Entwickelung, so daß er zuletzt die ganze Bildung seiner
Zeit in sich vereinigte. Er hatte sich eifrig mit Philosophie, der
Redekunst, dem Staatswesen und den Künsten beschäftigt. Als seine
Lehrer und Freunde, welche auch später mit ihm in vertraulichem
Verkehr lebten, werden genannt: Phidias, der größte griechische
Bildhauer, die beiden Musiker Pythoklides und Dämon, von denen
der letztere zugleich ein tiefer Denker und einer der besten Lehrer
der Redekunst war, Zeno der Eleat, der vorzüglichste Bildner der
Dialektik, inbesondere endlich der Klazomenier Anaxagoras, durch
dessen großartige Weltanschauung auch Perikles einen höheren Stand-
punkt und einen weiteren Gesichtskreis sich aneignete. Aus diesem
Umgänge ging Perikles hervor gekräftigt an Geist und Herz, er-
haben über den Aberglauben der Menge, thatkräftig und ausdauernd,
streng und mäßig in seiner Lebensweise, ernst und aller Schaustel-
lung feind, tüchtig von Gesinnung und als ein wahrer Patriot.
Um nicht durch allzuhäufigen Verkehr mit dem Volke sein Ansehen
X
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König]]
TM Hauptwörter (100): [T31: [Athen Athener Spartaner Flotte Perser Stadt Sparta Krieg Schlacht Griechenland], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung]]
TM Hauptwörter (200): [T22: [Athen Athener Sparta Solon Spartaner Staat Jahr Stadt Krieg Mann], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T74: [Zeit Wissenschaft Philosophie Geschichte Philosoph Werk Lehrer Schrift Sokrat Schüler], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art]]
nicht frei von sittlichen Fehlern; diese sind aber wahrscheinlich von
den ihm feindlich gesinnten griechischen Schriftstellern mit Uebertrei-
bung dargestellt worden. Seine Neigung zum Trünke findet in den
Sitten der Macedonier einige Entschuldigung; sie war für Philipp
mehr eine gesellige Eigenschaft, wie die Gewandtheit und Feinheit,
welche er im hohen Grade besaß. Wenn er bisweilen Possenreißer,
Sänger und Tänzer vor sich ließ, so that er dies theils zur eigenen
Erheiterung und Erfrischung nach angestrengter Thätigkeit, theils
um dem an solche Späße gewöhnten thessalischen Adel den Aufent-
halt an seinem Hofe angenehm zu machen. Im Kreise seiner Feld-
herren und Freunde lebte er einfach; nur bei festlichen Gelegenheiten
und wenn Gesandte griechischer Staaten anwesend waren, suchte er
durch großartige Pracht Eindruck zu machen und durch Zuvorkom-
menheit und Freundlichkeit selbst die feindlich gesinnten Gesandten
zu gewinnen. Die gewinnsüchtige, sophistische Gemeinheit der mei-
sten griechischen Staatsmänner, die herrschende Genußsucht und Geld-
gier verschafften seinem Golde den Eingang. Das macedonische Volk
sah mit gerechtem Stolze ans seinen König und dessen Hof, an dem
alles prächtig und großartig, nichts kleinlich und karg war. Der
Glanz des Hofes wurde erhöht durch die vielen edlen Geschlechter,
die dort versammelt und von denen mehrere fürstlichen Ursprungs
waren.
Weder Philipp noch sein Sohn Alexander suchten die Monar-
chie in eine Despotie umzuwandeln. Philipp wollte nur die Aristo-
kratie, welche von jeher in Macédonien bestanden hatte, zu einer
völlig militärischen machen. Indem er die einzelnen Glieder der
Militärverfassung, an deren Spitze er stand, in geordneten Zusam-
menhang und in unmittelbare Abhängigkeit von sich brachte, erhöhte
er zugleich seine politische Macht und legte den festen Grund eines
monarchischen Militärstaates. Den Adel fesselte er dadurch an seine
Person, daß dieser ihn bei seinen Jagden, Kriegen und Festen um-
gab. Schon die Söhne des hohen Adels zog er an seinen Hof,
ließ ihnen Lehrvorträge halten und wies ihnen eine ähnliche Stel-
lung an, wie die Pagen in unserer Zeit einnehmen. Sie mußten
mitunter fast sklavische Dienste verrichten und wurden vom König
sogar mit Schlägen bestraft. Das war einerseits das geeignetste
Mittel, um den unabhängigen Sinn der hohen Hetärengeschlechter
in dem jungen Nachwuchs zu ersticken und durch die Bildung eines
Hofadels die Macht der Hetären zu brechen, andererseits war es
aber auch eine treffliche Vorschule für künftige Feldherren und Staats-
männer.
Den Kern von Philipps Heere bildete die macedonische Natio-
nalmacht. Die Kriegspflichtigkeit der Macedonier zur Bildung eines
stehenden Nationalheeres bewirkte, daß sich die verschiedenen Land-
schaften des Reiches als ein Ganzes, als eine Nation fühlen lernten.
Ein Heer dieser Art mußte den Söldnerschaaren der griechischen
Staaten, eine Nationalität von dieser Jugendfrische und diesem
Selbstgefühl dem überbildeten und überreizten Griechenthume über-
legen ssein. Das Fußvolk wurde aus dem Volke genommen und
bildete die sogenannte Phalanx. Die Hetären oder der macedonische
Adel zerfielen in die Ritter, welche aus den reicheren und vornehmeren
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T14: [König Reich Alexander Perser Stadt Sohn Land Cyrus Babylon Syrien]]
TM Hauptwörter (200): [T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T15: [Athen Theben Sparta Griechenland Krieg Philipp Stadt Spartaner Athener König], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
Extrahierte Personennamen: Philipp Philipp Philipp Philipp Alexander Alexander Philipp Philipp Philipps Philipps